Die Nachricht vom Tod eines Angehörigen ist oftmals mit tiefgreifenden Emotionen verbunden. Gleichzeitig stellen sich für die Hinterbliebenen zahlreiche rechtliche Fragen – insbesondere dann, wenn der Nachlass überschuldet ist. Wer eine Erbschaft antritt, übernimmt nicht nur das Vermögen des Erblassers, sondern haftet gemäß § 1967 BGB grundsätzlich auch für dessen Verbindlichkeiten. Im folgenden Beitrag erläutere ich Ihnen, was bei einer überschuldeten Erbschaft zu beachten ist, wie und bis wann man ein  Erbe ausschlagen  kann und welche rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten bestehen.  

1. Haftung des Erben – Erbschaft mit Schulden

Wird eine Erbschaft angenommen – sei es ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten – haftet der Erbe in vollem Umfang für alle Nachlassverbindlichkeiten, auch mit seinem eigenen Vermögen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Erbschaft aktiv angenommen wurde oder die sechswöchige Ausschlagungsfrist (dazu unten) ungenutzt verstrichen ist. Besonders problematisch ist dies, wenn die Erbschaft Schulden enthält, die den Wert des Nachlasses übersteigen.

In der Praxis ist nicht immer sofort ersichtlich, ob der Nachlass überschuldet ist. Häufig gehören zum Nachlass auch Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen, deren wirtschaftlicher Wert erst ermittelt werden muss. Eine fundierte Prüfung der Nachlassverhältnisse ist daher unerlässlich.

2. Erbe ausschlagen – Rechte und Pflichten des Erben

Um eine persönliche Haftung für Schulden zu vermeiden, kann der Erbe die Erbschaft ausschlagen. Dies geschieht durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht (§ 1945 BGB). Die Ausschlagung ist formgebunden – sie muss zur Niederschrift beim Nachlassgericht oder in öffentlich beglaubigter Form (z. B. durch einen Notar) erklärt werden.

Die entscheidende Frist für die Ausschlagung beträgt sechs Wochen ab Kenntnis von Erbanfall und Ausschlagungsgrund (§ 1944 BGB). Diese sogenannte Erbausschlagung Frist beginnt in der Regel mit der amtlichen Benachrichtigung des Erben. Hält sich der Erbe im Ausland auf oder hat der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland, verlängert sich die Frist auf sechs Monate.

Wichtig: Wer innerhalb dieser Frist nicht tätig wird, gilt als Erbe und haftet entsprechend.

3. Alternative Gestaltungen bei überschuldetem Nachlass

Ist die Frist bereits abgelaufen oder eine Ausschlagung aus anderen Gründen nicht möglich, bestehen weitere rechtliche Mittel zur Haftungsbegrenzung:

  • Nachlassinsolvenzverfahren (§§ 315 ff. InsO): Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Nachlasses kann der Erbe beim Insolvenzgericht die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen, um die Haftung auf den Nachlass zu beschränken.
  • Nachlassverwaltung (§§ 1975 ff. BGB): Auf Antrag kann ein Nachlassverwalter bestellt werden, der ausschließlich mit dem Nachlass haftet.

Diese Maßnahmen erfordern eine sorgfältige rechtliche Prüfung im Einzelfall und sollten frühzeitig initiiert werden.

Gerne berate ich Sie zu Ihren Fragen und unterstütze Sie bei Ihren Fragestellungen. 

Sylvia Weiße – Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht

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