Die Inobhutnahme eines Kindes durch das Jugendamt ist ein drastischer Eingriff in das Elternrecht und stellt betroffene Eltern vor große Herausforderungen. In diesem Artikel erfahren Sie, unter welchen Voraussetzungen eine Inobhutnahme erfolgt, welche Rechte und Pflichten Sie als Eltern haben und wie Sie sich rechtlich dagegen wehren können.

 

Was ist eine Inobhutnahme?

Die Inobhutnahme ist eine Maßnahme des Jugendamtes gemäß § 42 SGB VIII. Sie dient dem Schutz des Kindes, wenn eine dringende Kindeswohlgefährdung besteht. Eine Inobhutnahme kann erfolgen, wenn:

  • das Kind selbst um Schutz bittet, beispielsweise aufgrund häuslicher Gewalt oder Vernachlässigung,
  • eine akute Gefährdung des Kindeswohls festgestellt wird, etwa durch körperliche oder seelische Misshandlung, sexuelle Übergriffe oder eine schwerwiegende Verwahrlosung,
  • die Eltern nicht in der Lage oder nicht willens sind, eine bestehende Gefahr abzuwenden, beispielsweise bei einer schweren Suchterkrankung, psychischen Erkrankungen ohne Behandlung oder anhaltenden innerfamiliären Gewaltkonflikten,
  • eine massive Überforderung der Eltern vorliegt, die das Wohl des Kindes gefährdet, etwa durch fehlende Versorgung mit Nahrung, Kleidung oder medizinischer Betreuung.

Das Jugendamt ist verpflichtet, umgehend das Familiengericht einzuschalten, wenn die Eltern der Inobhutnahme nicht zustimmen.

Welche Rechte haben Eltern?

Auch wenn das Jugendamt eine Inobhutnahme veranlasst, bleiben die Eltern grundsätzlich sorgeberechtigt. Sie haben unter anderem folgende Rechte:

  • Anhörung durch das Jugendamt: Die Eltern müssen informiert werden und haben das Recht, ihre Sichtweise darzulegen.
  • Familiengerichtliche Überprüfung: Das Familiengericht entscheidet, ob die Inobhutnahme aufrechterhalten wird oder das Kind zurückgeführt wird.
  • Umgangsrecht: In vielen Fällen bleibt ein Kontakt zum Kind möglich, es sei denn, dies würde das Kindeswohl gefährden.

Wie kann man sich gegen eine Inobhutnahme wehren?

Eltern haben verschiedene rechtliche Möglichkeiten, gegen eine Inobhutnahme vorzugehen:

  1. Anhörung beim Jugendamt beantragen: Eine frühzeitige Klärung kann Missverständnisse auflösen.
  2. Eilrechtsschutz beim Familiengericht beantragen: Wenn die Eltern die Inobhutnahme für unrechtmäßig halten, können sie einen Antrag auf Rückführung des Kindes stellen.
  3. Anwaltliche Unterstützung einholen: Ein Fachanwalt für Familienrecht kann Eltern beraten und sie bei familiengerichtlichen Verfahren vertreten.

Fazit

Die Inobhutnahme eines Kindes durch das Jugendamt ist ein schwerwiegender Eingriff, der oft emotional belastend für die Eltern ist. Es ist wichtig, schnell und besonnen zu handeln, um die eigenen Rechte zu wahren. Eine anwaltliche Beratung kann helfen, das Kindeswohl zu schützen und die familiäre Situation rechtlich korrekt zu bewerten.

Gerne berate ich Sie zu Ihren Fragen und unterstütze Sie bei Ihren Fragestellungen. 

Sylvia Weiße – Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht

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